Liebe Leser

, überfrierende Nässe, Schnee- und Eisglätte – mit den ersten Minusgraden beginnt für alle Verkehrsteilnehmer immer wieder die Zeit der schwierigen Straßenverhältnisse.
Der STERN fragte im Internet seine Leser: „Was macht Ihnen im Winter am meisten zu schaffen?“ Hier sind die Antworten: „Keine Sicht (dichter Nebel oder dicke Flocken) 9 %, Glätte oder gar Blitzeis 23 %, der Start (Scheiben kratzen, Motor streikt u.a.) 28 %, Deppen ohne Winterreifen 44 %“. Diese Antworten sind nicht repräsentativ, zeigen aber doch die richtige Risikoeinschätzung der Autofahrer: Unzureichende Winterausrüstung und Glätte können gefährlich werden. Beim Ersten hilft persönliche Einsicht, beim Zweiten der Winterdienst. Das europäische Forschungsprojekt COST 353 wird in diesem Jahr seinen Abschluss finden. Ziel war es Optimierungspotentiale im Winterdienst zu finden. Insgesamt haben sich 16 europäische Staaten an dieser Forschung beteiligt. So werden z.B. schon existierende Winterdienst-Managementsysteme analysiert und bewertet, um so eine Übersicht über die Möglichkeiten solcher Systeme zu erhalten.
Die Arbeitszeitregelungen bei Winterdienst-Einsätzen und die sich daraus ergebenen Konsequenzen für die Planung und Organisation werden in einem Beitrag zusammengefasst. Ein wichtiger Hinweis auf vorsorgliche Personalplanung ist das Fazit. Ein normaler Winterdiensteinsatz stellt noch keine Ausnahmesituation dar. Kurz zusammengestellt haben wir einige Beispiele der aktuellen Rechtsprechung zum Winterdienst, die thematisch von „Eisglätte“ bis hin zu „Radfahrer“ reichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Krüger
Leiter Öffentlichkeitsarbeit


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Vorfahrt für Räumfahrzeuge

Autofahrer müssen bei winterlichen Straßenverhältnissen mit entgegenkommenden Räumfahrzeugen rechnen und ihr Fahrverhalten entsprechend anpassen.
Fahrzeuglenker müssen sogar damit rechnen, dass Räumfahrzeuge über Mittelstreifen hinausragen.
Nach einem Urteil des Landgerichtes Coburg (Az: 11: 780/00) riskiert man bei einer Kollision, den Schaden selber tragen zu müssen, sollte man nachgewiesenermaßen nicht weit genug rechts gefahren sein. Nach § 35 VIII der Straßenverkehrsordnung (StVO) genießen Räumfahrzeuge Vorrechte: Auch ein auf der linken Autobahnspur langsam fahrender Schneepflug ist nach geltender Rechtssprechung nicht für entstandene Unfälle verantwortlich. Ein Autobahnbenutzer, der infolge Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot (§ 3 I StVO) ein Räumfahrzeug zu spät erkennt, muss für beiderseits eingetretene Schäden alleine aufkommen. (OLG Koblenz, 28.01.2002, 12 U 1295/00) Räumfahrzeuge sind nach ACE-Angaben in der Regel mit 20–25 km/h (Streufahrzeuge mit 40–55 km/h) unterwegs. Ratsam ist, immer ausreichend Abstand zu einem fahrenden Räumfahrzeug oder Schneepflug zu halten, auch um nicht direkt in „Salzfontänen“ zu geraten. Einzelne Räumfahrzeuge sollten nur dann überholt werden, wenn es der Straßenzustand wirklich erlaubt und es gefahrlos möglich ist.
Sollte ein Räumfahrzeug gegen die eigene Fahrtrichtung entgegenkommen, sollte sofort das Tempo verringert und möglichst weit rechts gefahren werden. In besonderen Fällen ist es auch angeraten, kurz anzuhalten.
Quelle: www.ace-online.de
Copyright: ACE Presse- und Öffentlichkeitsarbeit


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Regelung der Lenkzeiten im Winterdienst

Seit April 2007 ist die neue europäische Lenkzeitverordnung in Kraft. Sie gilt jedoch nicht für den Winterdienst und ausdrücklich nicht für Fahrer, die im Winterdienst eingesetzt sind. Gleiches gilt auch für Fahrer von Fremdunternehmen, die den Winterdienst im Auftrag von Land oder Stadt durchführen. Unabhängig von der Lenkzeitverordnung kommt jedoch das Arbeitsschutzgesetz (AZG) im Winterdienst, das die Fahrtätigkeiten und alle anderen Arbeiten regelt, zur Anwendung. Die geltenden Vorschriften sind im Folgenden kurz zusammenfassend dargestellt.
Die für den Winterdienst wichtigsten Regelungen des AZG lauten:
  1. Maximale tägliche bzw. zusammenhängende Arbeitszeit beträgt zehn Stunden.
  2. Die Rufbereitschaft zählt nicht zur Arbeitszeit, jedoch anteilig zur Arbeitsbereitschaft.
  3. Es darf nicht länger als sechs Stunden ununterbrochen gearbeitet werden. Spätestens nach sechs Stunden muss eine Pause von mindestens 30 Minuten und nach neun Stunden von mindestens 45 Minuten erfolgen.
  4. Zwischen einem Arbeitseinsatz und einem folgenden müssen mindestens elf Stunden Pause liegen. Ansonsten werden die Arbeitszeiten addiert. In der Pause darf Rufbereitschaft liegen, sofern in dieser Zeit kein Einsatz erfolgt ist.
Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Zehn-Stunden-Grenze und die elf Stunden Pause gelegt werden, denn sie werden in der Praxis oft nicht eingehalten, obwohl sie verbindlich sind. Es zählt hierbei jegliche Arbeitszeit, unabhängig ob Fahrer oder Beifahrer. Oft wird die Ansicht vertreten, dass der Winterdienst wegen besonderer Erschwernisse auch Ausnahmen von diesen Regelungen zulässt. Dies ist nicht richtig. Ein normaler Winterdiensteinsatz stellt keinen Ausnahmetatbestand dar, weil er eben planbar ist. Überschreitungen der Arbeitszeit sind allerdings möglich, wenn ein Winterdiensteinsatz besonders extrem ist wie zum Beispiel bei andauerndem Schneefall über einen längeren Zeitraum oder hohen Schneemengen usw. Die Gründe für diese Ausnahmen sollten von der Einsatzleitung dokumentiert werden. Als unvorhergesehen können nur Situationen gelten, die früher oder anders eintreten als prognostiziert. Eine gute Wetterinformation wird natürlich vorausgesetzt. Dies bedeutet für die Winterdienstbetriebe, Personal für zwei Schichten vorzuhalten, um die Fahrzeuge ohne Überschreitung der Lenkzeiten für alle Tageszeiten besetzen zu können. Falls nicht voll im Zweischichtbetrieb gearbeitet wird, muss bei entsprechender Schnee- oder Eisprognose für den Nachmittag das dann notwendige Personal spätestens morgens nach Hause geschickt werden. Personal, das spät abends noch im Einsatz war, darf erst frühestens elf Stunden nach Einsatzende wieder zum Dienst antreten. Personal, das morgens früh den Einsatz begonnen hat, muss diesen spätestens nach zehn Stunden beenden. Die Pausen kommen natürlich hinzu, da sie auch länger als die Mindestzeiten sind. Bei der Disposition der Personaleinsatzpläne zu Beginn des Winters müssen diese Bedingungen bei den Bereitschaftsdiensten sowie der Einsatzorganisation berücksichtigt werden. Es sollte kein Dienstplan existieren, der von vornherein längere Arbeitszeiten als zehn Stunden oder kürzere Pausen als elf Stunden vorsieht. Diese Regelungen sind geltendes Gesetz und sollten daher unbedingt eingehalten werden.

Eisglätte

Fährt ein Autofahrer an einem sonnigen Wintertag auf einer Landstraße durch ein Waldstück und kommt er in einer langgezogenen Kurve durch Glatteis von der Straße ab, kann er für Verletzungen kein Schmerzensgeld verlangen. Das Bundesland hat seine Pflicht zum Winterdienst nicht verletzt – es sei denn, es handelt sich um einen besonders kritischen Straßenabschnitt. Der Autofahrer hätte wissen müssen, dass zwar an sonnigen Stellen keine Glätte droht, an schattigen aber sehr wohl. Oberlandesgericht München, Az. 1 U 475

Streupflicht

Gemeinden sind nicht verpflichtet, bei Schneefall oder Eisbildung jeden öffentlichen Parkplatz zu streuen. Dies ist allerdings dann Pflicht, wenn es sich um einen belebten Parkplatz handelt bzw. um eine Stelle, an der Autofahrer nicht mit ein paar Schritten den Bürgersteig erreichen kann. Landgericht Bielefeld, Az. 8 O 225/05

Glätte

Stürzt eine Busfahrerin im Winter beim Verlassen des Busses an einer Haltestelle, kann sie Schmerzensgeld verlangen. Im Fall hatte die Gemeinde zwar einen Gehwegstreifen von Eis und Schnee befreit – nicht aber die Zugänge zu den Bustüren. Die Kommune hat damit ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Oberlandesgericht Hamm, Az. 9 U 116/04

Radfahrer

Radfahrern ist es erlaubt, bei starkem Schnee und Eis den Radweg zu verlassen und die gestreute bzw. geräumte Fahrbahn zu benutzen. Bundesgerichtshof, Az. III ZR 60/94 Glatteis

Autofahrer

, die auf eisglatter Straße grundlos bremsen, so dass ein anderer Wagen auffährt, müssen einen Teil des Schadens zahlen. Allerdings trifft den Auffahrenden eine Mitschuld. Auch bei widrigen Bedingungen müssen sich Fahrzeug gefahrlos lenken und abbremsen lassen. Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Az. 26 U 53/04

Sommerreifen

Wer mit Sommerreifen in den Winterurlaub fährt, riskiert seinen Versicherungsschutz. Zwar zahlt die Versicherung grundsätzlich Schäden, die dem Unfallgegner entstanden sind. Die Vollkasko muss jedoch für Schäden am eigenen Auto nicht aufkommen, wenn sich ein Autofahrer grob fahrlässig verhält. Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Az. 3 U 186/02

Profiltiefe

Verursacht ein Autofahrer auf winterglatter Fahrbahn einen Unfall, weil die Winterreifen seines Pkw nicht mehr genug Profil hatten, handelt er nicht zwangsläufig grob fahrlässig. Die Vollkasko muss zahlen, wenn die Reifen erst zwei Monate zuvor aufgezogen wurden und der Autofahrer davon ausgehen konnte, dass sie in Ordnung waren. Oberlandesgericht Köln, Az. 9 U 175/05


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